BGH: Kein Auszug trotz Kündigung - Mieter müssen kräftig nachzahlen

Mieter, denen ordnungsgemäß gekündigt wurde, die aber trotzdem nicht ausziehen, müssen für diese Monate mit einer saftigen Nachzahlung rechnen. Denn der Vermieter darf nach verstrichener Kündigungsfrist die ortsübliche Miete ansetzen. Und der Maßstab dafür ist eine Neuvermietung, wie der Bundesgerichtshof mit einem Urteil vom 18.01.2017 entschieden hat. Der Vermieter darf daher so viel Geld verlangen, wie er von einem neuen Mieter hätte bekommen können und muss sich nicht an die Begrenzungen und Fristen halten, die bei normalen Mieterhöhungen vor allzu hohen Forderungen schützen sollen.

BGH, Urteil vom 18.01.2017, Az.: VIII ZR 17/16

Neues BGH-Urteil: Mieter dürfen später ihre Miete zahlen

Mitten im Weihnachtstrubel hat der Bundesgerichtshof ein Urteil veröffentlicht, das für jedes Wohnungsmietverhältnis eine Sensation ist: Mieter müssen bis zum 3. Werktag im Monat lediglich die Miete überweisen. Wann das Geld dann auf Ihrem Konto ist, spielt keine Rolle mehr – selbst mit einer Rechtzeitigkeitsklausel im Mietvertrag bleibt es dabei, dass am Dritten Werktag nur das Geld auf die Reise geschickt, aber nicht am „Reiseziel“ Vermieterkonto angekommen sein muss. Damit können sich Mieter jetzt mehr Zeit zum Zahlen lassen.
 
Pünktlich heißt: Bis zum 3. Werktag muss nur überwiesen werden
 
Bis wann muss der Mieter die Miete zahlen und was heißt „zahlen“ eigentlich? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof gerade wieder einmal beschäftigt. Herausgekommen ist ein Urteil, über das sich Mieter freuen können und Vermietern Geduld abverlangt (BGH, Urteil v. 5.10.2016, VIII ZR 222/15). 
 
Ein Mieter zahlt noch rechtzeitig seine Miete per Überweisung, wenn er seinen Überweisungsauftrag bis zum dritten Werktag eines Monats erteilt hat. Das Geld muss also nicht unbedingt schon am 3. Werktag auf dem Vermieterkonto angekommen sein, sondern es reicht, wenn der Mieter bis spätestens zum dritten Werktag seine Überweisung getätigt hat.
 
Doch das ist noch nicht alles: Formularklauseln, die etwas anderes bestimmen, sollen bei der Wohnraummiete unwirksam sein. Damit sind sogenannte Rechtzeitigkeitsklauseln gemeint, die sich in fast jedem Wohnungsmietvertrag finden.
 
Die lesen sich unter anderem so:
Zahlung der Miete
1. Die Gesamtmiete […] ist monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter auf das Konto-Nr. […] zu zahlen.
[…]
3. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein […].“
 
Haben Sie so eine Rechtzeitigkeitsklausel im Mietvertrag stehen, bedeutet das: Die ist zwar unwirksam – Miete zahlen muss der Mieter natürlich trotzdem. Allerdings muss die Miete nicht bis zum 3. Werktag auf Ihrem Konto sein, sondern die Überweisung muss lediglich bis zum 3. Werktag getätigt worden sein.
 
Wollen Sie einem Mieter wegen Zahlungsverzugs kündigen, können Sie also nicht mehr am 3. Werktag Ihr Kündigungsschreiben wegen verspäteter Mietzahlungen aufsetzen, sondern Sie müssen noch mindestens einen Tag warten, denn es reicht auch noch, wenn die Miete einen Tag später auf Ihrem Konto ist.
 
Erstritten hatte sich dieses Urteil ein Mieter, der im Jahr 2013 gleich mehrmals nicht bis zum dritten Werktag des Monats seine Miete bezahlt hatte. Die Vermieterin hatte den Mieter wegen der unpünktlichen Mietzahlungen abgemahnt.
 
Jeweils im März, April und Mai 2014 zahlte der Mieter die Miete bis zum dritten Werktag des Monats in bar bei seiner Bank ein. Zusätzlich erteilte er einen Überweisungsauftrag an die Vermieterin. Das Geld wurde allerdings erst nach dem dritten Werktag auf das Konto der Vermieterin gutgeschrieben. Wegen der verspäteten Mietzahlungen kündigte die Vermieterin dem Mieter fristlos den Mietvertrag, hilfsweise ordentlich.
 
Die Kündigung wegen der vermeintlich verspäteten Mietzahlungen war laut BGH unwirksam. Für das Gericht waren die Mieten noch rechtzeitig eingegangen, weil der Mieter seine Überweisungsaufträge jeweils am dritten Werktag des Monats erteilt hatte.
 
Das genüge für eine rechtzeitige Mietzahlung gemäß § 556b Abs. 1 BGB noch, denn der Mieter muss lediglich bis zum dritten Werktag seine Leistungshandlung (Überweisungsauftrag) vornehmen. Natürlich muss das Mieterkonto so gedeckt sein, dass die Bank die Überweisung auch durchführt.
 
Dagegen muss am dritten Werktag nicht schon die Miete auf dem Vermieterkonto eingegangen sein.
 
Zwar hatte der Vermieter im Mietvertrag stehen, dass es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf den Eingang der Miete beim Vermieter ankommt. So eine Formularklausel ist jedoch wegen unangemessener Benachteiligung der Mieter unwirksam.
 
Damit würden dem Mieter nämlich abweichend von § 556b Abs. 1 BGB das Risiko von Zahlungsverzögerungen im Überweisungsverkehr aufgebürdet, an denen vielleicht der Zahlungsdienstleister schuld ist. Das kann schlimmstenfalls dazu führen, dass der Vermieter schneller kündigen kann, obwohl die Bank und nicht der Mieter die Zahlung verzögert hat.
 
Der BGH hat sich schon einmal damit beschäftigt, bis wann der Mieter seine Miete zahlen muss. Dabei hat er eine Formularklausel, nach der es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung ohne jede Einschränkung auf den Geldeingang beim Vermieter ankommt, gebilligt (BGH, Urteil v. 24.6.1998, XII ZR 195/96).
 
Jedoch ging es dabei um eine Rechtzeitigkeitsklausel in einem Gewerberaummietvertrag. Die gilt allerdings ausdrücklich nicht für Wohnungsmietverträge.